Als Kind träumst du von fliegenden Autos oder schwebenden Skateboards. Mit viel Fantasie tauchst du ab in Welten und Möglichkeiten, die es so in der Realität eigentlich nicht gibt. Vielleicht gehört beim einen oder anderen Campenden auch ein schwimmendes Wohnzimmer dazu, auf seiner langen Reise über die Meere. Ein schwimmender Wohnwagen? Langezeit eher nur ein Traum denn Wirklichkeit.
Entsprechend gross war mein Staunen, als mir der Schwimmcaravan mit seinem verheissungsvollen Namen «Sealander» zum ersten Mal auf dem See begegnete. Ein schwimmender Wohnwagen – es gibt ihn tatsächlich! Höchste Zeit, das „Gefährt zum Anhängen“ mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Zusammen mit Patrick Nagbe von Nagbe Schwimmcaravan, dem exklusiven Vertriebspartner des Sealanders in der Schweiz, absolvierte ich sodann also eine Probefahrt und damit einen Selbsttest auf dem Vierwaldstättersee.
Sealander – was ist denn das?
Die technischen Aspekte des schwimmenden Wohnwagens
Der Sealander ist ein ungebremster Anhänger mit maximal zulässigem Gesamtgewicht von 750 kg. Damit passt er an fast jedes Auto und lässt sich ohne Anhängerprüfung fahren.
Das Leergewicht variiert je nach Ausstattung zwischen 485 bis 550 kg. Die Zuladung kann also gut und gerne 200 kg betragen, was für den kleinen Wohnanhänger doch schon ordentlich ist. Wenn wir ehrlich sind, bietet manch grosser Wohnwagen ohne zusätzliche Auflastung auch nicht mehr Zuladungsspielraum. Der Sealander ist inklusive Deichsel 4,65m lang, 1,72m breit und 1,89m hoch. Damit passt der Sealander ohne Probleme auf jedes Parkfeld, in jede Garage und unter jeden Carport. Wie ich finde, ein starkes Argument.
Ausstattung und Preise
Im Innenraum bietet der Schwimmcaravan 4 Sitzplätze für Erwachsene oder für zwei Erwachsene mit drei Kindern. Die Grundausstattung ist spartanisch. Tisch, Sitzpolster, die Elektro-Verkabelungen und Beleuchtung gehören dazu. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dafür gibt es die Grundausstattung bereits ab CHF 25’000 zu kaufen.
Wer sich den Sealander funktionell und heimelig ausrüsten möchte, kommt um diverse Sonderausstattungspakete nicht herum. Diese haben es aber in sich und werten den kleinen Schwimmer enorm auf. Dazu gehören z.B. umfangreiche Audio-Installationen, ein Dometic Kochmodul, ein Waschmodul mit Frisch- und Abwassertank, eine 18 Liter WAECO Kompressor Kühlbox, eine verstaubare Dometic Frischwassertoilette sowie eine Borddusche. Auch ein Mückengitter im Dach kann auf Wunsch verbaut werden. Ein gut ausgestatteter Sealander kostet in der Summe weniger als CHF 30’000. Standardmässig kommt der Sealander in der Farbe weiss daher. Es sind jedoch alle Farben der RAL-Palette auswählbar. Beispielsweise kannst du einen blauen Sealander zum Mieten auf dem Thunersee antreffen.
Antriebsarten im Wasser
Der Sealander lässt sich über einen kleinen Heck-Motor im Wasser antreiben und steuern. Der Motor kann im Auto oder direkt im Sealander mitgeführt werden und wird mit ein paar wenigen geübten Handgriffen vor der Wasserung am Schwimmcaravan montiert. Es stehen verschiedene Motorisierungen zur Auswahl. Wer es laut mag, für den gibt es einen 8 PS Benzinmotor. Wer es aber lieber leise und umweltfreundlich präferiert, der wählt einen 6 PS Elektromotor. Die Batterien halten rund 10 Stunden bei Schritttempo oder für eine maximale Distanz von bis zu 78 km.
Nutzung zu Land und Zubehör
Auch als kleiner Wohnwagen an Land kann der Sealander problemlos eingesetzt werden. Gegen Aufpreis sind vier integrierte Stützen verfügbar, die dem Wohnwagen die nötige Stabilität verleihen. Im Zubehör gibt es ein passendes Vorzelt, so dass dem Campingfeeling nichts im Wege steht. An Land kann der Sealander via Landstrom betrieben werden. Aufgrund seines Anwendungsbereichs zu Wasser ist der Mini-Caravan aber sowieso auf Autark-Betrieb ausgelegt. Eine serienmässige Wohnraumbatterie versorgt die Beleuchtung, den Kühlschrank und das Audiosystem mit der nötigen Energie. Ein optionales Solarpanel auf dem Dach ermöglicht auch längere Ausflüge auf dem See oder auf dem Campingplatz ohne zusätzliche Stromzufuhr. Ein Weekend auf See ist für den Sealander auch ohne Solarpanel kein Problem. Neuerdings gibt es sogar eine Dieselheizung im Zubehör, so dass der Sealander auch im Winter im Wasser oder an Land genutzt werden kann.
Der Selbsttest – Leinen los
Der Sealander auf der Strasse
Bei der losen Auflistung der Fakten soll es jedoch nicht bleiben. Ich habe es mir natürlich nicht nehmen lassen, den Schwimmcaravan selbst unter die Lupe zu nehmen. Dazu durfte ich mit Patrick Nagbe von Nagbe Schwimm-Caravan in Root bei bestem Spätsommerwetter auf eine Probefahrt auf dem Vierwaldstättersee bei Luzern mit an Bord gehen. Der Ausflug begann mit dem Ankuppeln des Sealanders auf dem Parkplatz in Root. Der kleine Wohnanhänger lässt sich federleicht von Hand manövrieren. Ich war von der Leichtigkeit beeindruckt. Auf der Strasse folgte der kleine Anhänger problemlos dem Zugfahrzeug. Der Caravan ist für Tempo 100 zugelassen.
Den Sealander zu Wasser lassen
Das Einwassern des Sealanders ging überraschend einfach von sich. Wir fuhren mit dem Zugfahrzeug rückwärts an die Wasserungsstelle. Ein Eintauchen des Hecks des Zugsfahrzeugs ist nicht nötig. Aufgrund des geringen Gewichts lässt sich der Sealander die letzten zwei Meter einfach von Hand zu Wasser lassen und zugleich befestigen. Der Umbau zum fahrbereiten Boot geht flott. Die Dachabdeckung aus Cabrio-Stoff wird dazu geöffnet und im Heck wird, wie eingangs erwähnt, der Motor installiert.
Mit dem Sealander auf dem Wasser
Einmal fahrbereit ging es sogleich auch los. Als Captain oder Passagier sitzt man bequem auf den Sitzpolstern und geniesst den fantastischen Ausblick in alle Richtungen. Der Sealander liegt insgesamt ruhig im Wasser. Das geringe Gewicht und der mässige Tiefgang machten sich kaum in der seitlichen Stabilität bemerkbar. Ich war schon auf Booten, da hat es deutlich mehr geschwankt. Herausfordernd war für mich, sich auf dem kleinen Boot zu bewegen. Bei vier erwachsenen Personen dürfte dies womöglich etwas eng werden. Mit der nötigen Rücksicht findet sich aber auch hier immer ein Weg.
Die Fahrt auf dem See machte insgesamt richtig Spass und Lust auf mehr. Ich vergass total, dass der Sealander «nur» ein schwimmender Wohnwagen ist. Ich kam mir vor wie auf einer kleinen Yacht, denn im Prinzip fehlte es an nichts. Die Küche ist da, die Getränke können gekühlt werden und einen passenden Grill gibt es auch dazu. Die Verarbeitung des Sealanders lässt sich sehen. Die Beleuchtung bei beginnender Dämmerung verleiht dem Sealander einen ganz besonderen Charme. Wer an heissen Tagen ins Wasser springen möchte, kann dies nach Lust und Laune tun. Mit Hilfe der klappbaren Leiter lässt es sich problemlos wieder auf das Caravan-Boot klettern.
Einen kleinen Nachteil konnte ich aber dennoch ausfindig machen. Eben die Sache mit der Toilette. Es gibt zwar einen Sichtschutz, der gespannt werden kann. Und die Aussicht bei gleicher Aktivität muss zuerst noch gefunden werden. Aber richtig viel Privatsphäre hat man eben doch nicht. Ich musste dies zum Glück nicht ausprobieren. Als Notlösung und Kompromiss zu Gunsten der Platzeinsparung absolut okay. Restaurants am Seeufer gibt es meist auch genügend.
Übernachten lässt es sich dafür ausgezeichnet. Die Sitzbank lässt sich im Handumdrehen zu einem zweiten Bett verwandeln. Bei lauer Sommernacht lässt sich entspannt bei geöffnetem Dach schlafen. Dies gilt selbstverständlich auch für die Übernachtung an Land.
Für eine Übernachtung hat die Zeit leider nicht gereicht. Die paar Stunden verstrichen wie im Flug. Als kleines Privatboot bietet der Sealander sehr viel für wenig Geld. Die Funktion Wohnwagen ist geschenkt. Geblieben sind schöne Erinnerungen an einen großartigen schwimmenden Wohnwagen, den ich eigentlich schon als Kind gerne gehabt hätte.
Übrigens kannst du den Sealander bei Patrick Nagbe von Nagbe Schwimmcaravan auch mieten. Der kleine Schwimmer ist in der ganzen Schweiz zugelassen und garantiert ganz viel Spass und Abenteuer auf See.
Andere schwimmende Wohnwagen
Eine kurze Recherche im Internet zeigt, dass es zwar auf dem Markt keine Alternative zum Sealander gibt, die sich in Bezug auf Gewicht, Grösse und Preis vergleichen lassen. Es gibt aber durchaus noch andere schwimmende Caravans, die ein ähnliches Konzept verfolgen. Spannende Informationen findest du unter
Und hier als Blog-Beitrag noch etwas ausgefallener, aber durchaus sehenswert.
Mein Fazit
Wenn du dir die Möglichkeit vorstellst, an einem der See-Campings ein paar Tage zu verbringen und dabei mit dem kleinen «Eigenheim» tagsüber in den See zu stechen, dann ist das schon bestechend. Der Sealander bietet die Möglichkeit, Camping und Boot auf kleinstem Raum zu verbinden. Jeder hat so die Möglichkeit, selbst ein kleiner Capitan zu werden. Passt das Wetter, dann passt es auch mit dem Sealander. Aber auch für den Sealander gilt: wenn es regnet, dann ist das halt so eine Sache mit dem Platz. Mit zwei Kindern möchtest du nicht, dass es zwei Tage nur regnet. In der Summe überzeugten sowohl Konzept als auch Produkt.
Ich persönlich finde den Sealander daher durchaus empfehlenswert. Voraussetzung ist aber, dass du dir im Klaren bist, was du da genau anschaffst, welche Vor- und Nachteile der Sealander mit sich bringt und wo du Abstriche machst. Wer einen kleinen Wohnwagen sucht, wird zwar mit dem Sealander bedient. Bei den kleinen Caravans bis max. 750 kg Gesamtgewicht gibt es durchaus auch bessere und spezialisiertere Wohnwagen. Wer sich ein kleines Boot für den Wochenendausflug sucht, bekommt mit dem Sealander viel geboten. Manch kleines Boot zum gleichen Preis liefert weniger Ausstattung. Kleine Kapitäne werden also mit dem Sealander voll auf die Kosten kommen. Wer aber ein PS starkes Rennboot sucht, der geht besser zum Boot-Fachhändler.
Der Sealander ist ein gut gelungener Kompromiss für all jene, die Camping mit dem Bootfahren verbinden möchten, meist nur zu zweit unterwegs sind und sich über die Vorteile mehr freuen als die wenigen Nachteile. Als Kind hätte ich den Sealander geliebt. Gleiches gilt auch heute noch, aber meine Prioritäten haben sich mit zunehmendem Alter halt etwas verschoben.
Mein Dank gilt Patrick Nagbe für die grossartige Fahrt auf dem Vierwaldstättersee und die fundierte Einführung in die Thematik «Sealander».