Wohnmobil-Check vor Passfahrten
Die Basis einer sicheren Passfahrt ist ein gut gewartetes Wohnmobil. Das Hauptaugenmerk gilt hier den Bremsen.
Bremsen vor Passfahrten kontrollieren
Bremsen müssen unbedingt gewartet werden. Bremsklötze und Bremsscheiben müssen je nach Verschleiß ersetzt werden, was normalerweise bei der regelmäßigen Sicherheitskontrolle (je nach Land MFK, TÜV, “Pickerl”) erkannt wird. Liegt die letzte Kontrolle aber schon länger zurück und planst du eine Reise mit Gebirgs-Etappen, empfiehlt es sich, durch eine Werkstätte vorab einen Blick auf die Bremsen werfen zu lassen.
Bremsflüssigkeit erneuern
Auch die Bremsflüssigkeit unterliegt Verschleiß und muss regelmäßig getauscht werden. Hier gilt dasselbe wie für die Bremsen selbst.
Reifen-Check
Bremsen können nur dann wirken, wenn die Kraftübertragung auf die Straße funktioniert. Für die Witterungsbedingungen geeignete Reifen mit genügend Profil sind dafür Voraussetzung. Besonders im Winter können Fahrten über Berge mit der falschen Bereifung sehr gefährlich werden.
Beladung und Gewicht
Bremsanlage und Reifen sind für ein bestimmtes Gewicht ausgelegt. Dennoch sind Wohnmobile sehr häufig überladen. Was im Flachland noch unbemerkt bleiben kann, sorgt auf steilen Abfahrten schnell für Gefahr. Eine überhitzte Bremsanlage solltest du unbedingt vermeiden – und die Basis dafür ist die Reduzierung des Gewichts durch eine verantwortungsvolle Beladung.
Freigaben und Strecken-Beschränkungen prüfen
Nicht ohne Grund sind manche Strecken für Fahrzeuge, die eine gewisse Maximallänge oder ein Maximalgewicht überschreiten, nicht zugelassen. Enge Serpentinen oder steile Gefälle können für manche Fahrzeugkategorien schnell gefährlich werden. Eine kurze Suche im Weg des Pass-Namens fördert fast immer alles zu Tage, was du wissen musst. Und diese Einschränkungen solltest du dann – im Sinne der eigenen Sicherheit – auch befolgen.
Die Fahrzeug-Breite bei Passfahrten bedenken
Ein breites Wohnmobil kann auf schmalen Straßen zum Problem werden. Deshalb empfiehlt es sich, vorab Informationen zur Strecke einzuholen.
Auch die Wahl der Fahrtrichtung kann helfen, um nicht wenige Zentimeter vom Abgrund entfernt an entgegenkommenden Fahrzeugen vorbei manövrieren zu müssen. Gewisse Strecken solltest du mit breiten Fahrzeugen grundsätzlich vermeiden.
Kastenwägen sind hier gegenüber Vollintegrierten meist im Vorteil. Sind häufige Passfahrten geplant, solltest du diesen Faktor auch bei der Wohnmobil-Auswahl bedenken.
Passfahrten Bergauf
Passfahrten bergan sind mit modernen Wohnmobilen kein großes Problem mehr. Starke Motoren helfen dem Wohnmobil nach oben. Ältere Wohnmobile müssen aber auf den Motor Acht geben. Generell ist Vorsicht in Serpentinen und an Engstellen geboten.
Achtung: Serpentinen
Wohnmobile finden in Serpentinen sehr oft kein Auskommen mit der eigenen Fahrspur – der Kurvenradius ist zu eng und das Wohnmobil zu lang. Langsamer werden, versuchen, die Kurve einzusehen, und vorsichtig durchfahren ist hier die Devise. Dabei solltest du immer bereit sein, bis zum Stillstand abzubremsen, falls es doch Gegenverkehr gibt. In vielen Ländern ist es auch üblich, vor solchen Kurven zu hupen, um Entgegenkommende zu warnen.
Überhang bedenken
Wohnmobile mit langem Überhang im Heck müssen enge und steile Serpentinen besonders vorsichtig befahren, denn durch die Steigung in der Kurve kann die Front des Fahrzeugs bereits viel höher sein als das Heck – und dieses sitzt dann auf.
Ältere Motoren schonen
Fahrer älterer Wohnmobile müssen oft mit schwachbrüstigen Motoren früherer Generationen klarkommen. Lange Fahrten bergan können hier zu Überhitzung führen. Vollgas solltest du deshalb vermeiden, doch oft ist die maximale Kraft erforderlich, um den Berg überhaupt erklimmen zu können. Dann helfen nur Pausen auf Parkplätzen.
Mit der richtigen Technik Passfahrten bergab bewältigen
Die alte Regel, man solle einen Berg im selben Gang nach unten fahren, wie nach oben, hat sich mit kräftigen Turbodieselmotoren eigentlich erledigt. Ist das Gefälle nicht zu stark, haltest du nämlich bergauf oft problemlos mit PKWs mit. Das Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen sorgt zudem dafür, hohe Gänge nutzen zu können. Doch bergab solltest du nicht versuchen, die Geschwindigkeit der PKWs mitzugehen. Denn ein Wohnmobil wiegt viel mehr, die Bremsanlage ist dem nicht immer gewachsen, und dementsprechend musst du deinen Fahrstil anpassen.
Geschwindigkeit passend wählen
Die Geschwindigkeit bei der Talfahrt sollte niedrig bleiben. Denn je höher die Geschwindigkeit, desto mehr Energie muss beim Bremsvorgang in Hitze umgewandelt werden, und desto früher können Bremsen an ihre Leistungsgrenze gelangen.
Im Winter bei Schneefahrbahn oder der Gefahr von Eisbildung muss die Geschwindigkeit natürlich weiter reduziert werden, um eine ausreichende Traktion sicherzustellen.
Niedrigen Gang einlegen
Ein niedriger Gang hilft, die Geschwindigkeit bergab im Zaum zu halten. Ideal ist es, wenn Gang und Gefälle so abgestimmt werden, dass das Wohnmobil bergab ohne weiteren Bremseingriff die Geschwindigkeit hält. Das ist natürlich nicht immer 100% möglich, denn heutige Motoren sind dafür leider schlecht geeignet. Die Bremswirkung des Motors ist eher gering. Doch beschleunigt das Fahrzeug bergab deutlich, so solltest du bremsen, und dann einen niedrigeren Gang einlegen.
Kein Dauerbremsen
Unbedingt vermeiden solltest du, durchgehend zu bremsen. Denn durch dieses Dauerbremsen überhitzt die Bremsanlage, da keine Luft mehr an Bremsklötze und -scheiben gelangt.
Besser ist es, kürzer und härter zu bremsen, als ständig leicht auf der Bremse zu stehen. Denn so kann die Bremse durch den Fahrtwind zwischen den Bremseingriffen wieder etwas abkühlen.
Nicht zu schnell werden lassen
Dennoch solltest du darauf achten, das Wohnmobil zwischen den Bremsvorgängen nicht zu schnell werden zu lassen. Denn die aufgebaute Bewegungsenergie muss durch die Bremsen dann vor der nächsten Kurve wieder abgebaut werden.
Kolonnen ignorieren
Wählst du deine Geschwindigkeit bergab richtig, dann wird sich hinter dem Wohnmobil wahrscheinlich bald eine Kolonne bilden. Diese gilt es, zu ignorieren. Keinesfalls solltest du dich dadurch genötigt fühlen, schneller zu fahren, denn es geht dabei nicht nur um deine eigene Sicherheit, sondern auch die der anderen Verkehrsteilnehmer.
Bei Gelegenheit immer mal wieder anzuhalten, und die Kolonne vorbeizulassen, ist eine nette Geste, die auch riskante Überholmanöver verhindern hilft.
Achtung: Geruch
Eine überhitzende Bremsanlage kündigt sich durch verbrannten Geruch an. Vernimmst du diesen, heißt es: So schnell wie möglich anhalten und die Bremsanlage abkühlen lassen.
Fahrzeugtechnik und Hilfsmittel für Passfahrten
Generell sind viele Wohnmobile nicht ideal für Passfahrten ausgestattet. Der weitverbreitete Fiat Ducato (und baugleiche Fahrzeuge) hat eine – gemessen am zulässigen Gewicht – eher schwachbrüstige Bremsanlage. Wer so ein Wohnmobil bereits besitzt, sollte Pässe umsichtig und langsam befahren. Wer noch vor der Wohnmobil-Auswahl steht, kann sein Wohnmobil mittels Aufpreis-Optionen eventuell besser auf Passfahrten vorbereiten. Doch nicht alle Aufpreisoptionen sind sinnvoll.
Heavy-Fahrwerk
Das sogenannte Heavy (oder Maxi) Fahrwerk ist eine Aufpreisoption, die sich durchaus bezahlt macht, wenn du gerne in die Berge fährst. Denn hier ist auch eine verstärkte Bremsanlage inkludiert.
Hill Descent Control (HDC)
Einige Wohnmobile bieten als Aufpreis Bremsassistenten für Gefälle an, bei Fiat heißt dies zum Beispiel Hill Descent Control (HDC). HDC ist jedoch für das Befahren kurzer, steiler Rampen gedacht, und völlig ungeeignet für Abfahrten von Alpenpässen. Denn hier wird einfach dauernd gebremst, also genau das getan, was es eigentlich zu vermeiden gilt.
Retarder-Bremsen
Schwere Wohnmobile auf LKW-Basis bieten eventuell Retarder-Bremsen oder Wirbelstrombremsen – diese sind aufgrund ihrer Funktionsweise sehr gut für Passfahrten geeignet.
Automatik-Getriebe für Passfahrten
Intelligente Automatikgetriebe erkennen Abfahrten automatisch und wählen Gänge entsprechend. Klappt das nicht wie gewünscht oder ist das eigene Getriebe nicht mit einer solchen Intelligenz ausgestattet, kannst du bei Automatikgetrieben auch auf manuelle Gangwahl umstellen und dann wie beim Schaltgetriebe einen niedrigen Gang wählen.