Nicht erst seit gestern ist Minimalismus in aller Munde. Auch beim Reisen kann dies schnell zum Thema werden. Wer im Wohnmobil reist, kann das auf ganz verschiedene Weisen tun. Die einen sind womöglich reduziert unterwegs, wohingegen andere sich den Luxus gönnen. Die einen wollen auch „on the road“ – ganz wie Zuhause – auf nichts verzichten müssen.
Je kleiner das Fahrzeug, umso mehr Sinn ergibt es, mit weniger Dingen zu reisen. Schliesslich soll es im Gefährt, das auch Lebensraum auf Zeit ist, selbst bei geringerem Platzangebot übersichtlich und gemütlich bleiben.
Das minimalistischste Fahrzeug fürs Camping ist wohl klassischerweise der VW-Bus, beziehungsweise vergleichbare Fahrzeuge. Aber es geht noch kleiner.
Was ist Mikrocamping?
Seit einigen Jahren wird das sogenannte Mikrocamping immer beliebter. Aber was ist das eigentlich? Beim Mikrocamping wird ein PKW in einen Camper verwandelt – und das in den meisten Fällen ohne Dachzelt. So ist das diskrete Camping-Fahrzeug von aussen nicht einmal unbedingt als solches erkennbar.
Stattdessen befindet sich in der Regel eine kastenartige, oft selbstgebaute Holzkonstruktion im Wagen, der den Raum des Kofferraums und den der umgeklappten oder ausgebauten Rücksitze ausfüllt. Auf den Kasten kommt eine Matratze. Im Kasten selbst finden Fächer ihren Platz und bieten Stauraum. Ein Auszug kann als Tisch dienen und so auch das Kochen im Freien ermöglichen.
Das Praktische an dieser Art des Campens: Mit einem verhältnismässig kleinen Fahrzeug kann fast jeder Ort erreicht werden. Ausserdem ist das unauffällige Äussere ein Segen für Freisteher. Aber natürlich gibt es nicht nur Vorzüge. Schauen wir uns also die Vor- und Nachteile etwas näher an.
Viel Freiheit auf wenig Raum
Ein Vorteil von Mikrocamping liegt klar auf der Hand: Weil Mikrocamper auf normalen PKWs basieren, sind sie sehr unauffällig und wendig. Die Suche nach einer Parkmöglichkeit ist sehr viel einfacher als mit einem Wohnmobil. Praktisch jeder reguläre PKW-Parkplatz kann genutzt werden. Höhenbeschränkungen sind eh kein Thema. Das ist hervorragend für den Besuch von Städten. Der Einfahrt in Parkhäuser steht nichts im Wege. Und je nach Fahrzeug können auch schwer erreichbare Orte in der Natur bereist werden.
Einen PKW zum Mikrocamper umzugestalten muss gar nicht aufwändig sein. Oft werden selbstgebaute, platzoptimierte Holzkonstruktionen mit Mikrocamping in Verbindung gebracht. Deren Herstellung kann unter Umständen schon einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Für einen ersten Eindruck von dieser Art des Reisens reicht es meist schon, die Rücksitze zurückzuklappen und eine Mikrocamper-Luftmatratze ins Auto zu legen. Diese ist speziell für diesen Zweck erhältlich, entsprechend geformt und kostet nicht viel.
Wer sich fürs Mikrocamping so sehr begeistern kann, dass ein fester Ausbau infrage kommt, findet online etliches an Anleitungen, Videos, Bauplänen und viel mehr. Die Inspirationen sind schier endlos.
Ein weiterer Vorzug des Mikrocampings: Kaum eine andere Art des Reisens verbindet Mobilität so sehr mit der Nähe zur Natur. Das Fahrzeug mag ausreichend Platz zum Schlafen bieten, aber das war es auch. Der Tag wird im Freien verbracht. Ein echtes Geschenk für Naturfreunde.
Mikrocamping regt die Kreativität an. Denn um auf so kleinem Raum alles unterbringen zu können, musst du auch schon mal um die Ecke denken. So darfst du schnell feststellen, welche Dinge du auf der Reise wirklich benötigst.
Wer jetzt das Mikrocamping ausprobieren möchte, profitiert ausserdem vom aktuellen Trend. Denn an der Camping-Branche ist diese Form des Reisens selbstverständlich nicht vorbeigegangen. So gibt es für viele typische Mikrocamper-Probleme bereits Hilfreiches auf dem Markt – von der winzigen Toilette über die mobile Dusche bis hin zu nützlichen Gadgets.
Befreiender Minimalismus – oder zu wenig?
Ganz besonders ein Nachteil des Mikrocampings liegt auf der Hand: Das geringe Platzangebot. Hier alles unterzubringen wird zur Herausforderung. Auf manches muss gar ganz verzichtet werden.
Da können sich schon wenige, kleine Gegenstände als zu viel herausstellen. Jede Möglichkeit zum Sparen von Platz wird in Erwägung gezogen: Statt des Buches lieber ein eBook auf dem Smartphone oder Tablet und statt Salz und Pfeffer getrennt mitzunehmen lieber beides vermischt in einem Streuer einpacken? Wer diese Dinge nicht ständig im Blick behalten möchte, der wird auch im Mikrocamper nicht glücklich.
Durch den fehlenden Platz muss auch auf der Reise viel improvisiert werden. Welche Möglichkeiten gibt es beispielsweise, sanitäre Anlagen zu nutzen oder mit wenigen Vorräten zu kochen? Sicher gibt es für alles eine Lösung. Doch diese Lösungen sind nicht immer komfortabel und oft mit Kompromissen verbunden, die Zeit rauben können.
Auch das Reisen mit der ganzen Familie wird schwierig. Je nach Fahrzeug eignet sich das Mikrocamping eher für bis zu zwei Personen, womöglich noch mit einem Hund. Dann ist die Grenze oft erreicht.
Der Erzfeind des Mikrocampers ist schlechtes Wetter. Nicht nur, dass der Aufenthalt im Freien bei Regen keinen Spass macht. Auch viele andere Dinge, die im Freien stattfinden, wie zum Beispiel das Kochen, fallen flach. Ausserdem dauert es nicht lange, bis die Feuchtigkeit ins Fahrzeug gezogen ist. Mikrocamping ist eher was für schönes Wetter oder Hartgesottene.
Abenteuer Mikrocamping
Überwiegen für dich die Vor- oder die Nachteile? Vielleicht hast du ja Lust bekommen, das Experiment zu wagen und für ein paar Tage ins Mikrocamping hineinzuschnuppern – mit dem eigenen PKW oder einem gemieteten Mikrocamper.
Gerade weil es so ein anderes Reisen ist als im komfortablen Wohnmobil, lassen sich aus diesem minimalistischen Erlebnis einige Erkenntnisse gewinnen – zum Beispiel darüber, welche Dinge wir wirklich benötigen. Und natürlich ist es auch ein kleines Abenteuer, ganz anders als der übliche Alltag.
Weiterführende Informationen und Links
- Camping Lifehacks zum Ausprobieren
- Mikro Camping Ausbau Blog von Fredda
- Drei Grillarten für den Camper unterwegs
- Campermenschen – Ein Deep Dive in unsere Camper Community
- Tipps zum Campen ohne Kühlschrank
- 5 Tipps zum Umbau deines PKWs von Paul Camper