Fernwandern und Wildcampen mit Zelt in der Schweiz

Dieser Praxisbericht über Fernwandern und Wildcampen gibt dir wichtige Tipps und Tricks sowie eine passende Packliste mit auf den Weg und erläutert, was beim Wildcampen in der Schweiz zu beachten ist.

Meine Erfahrungen mit Fernwanderungen

Vor einigen Jahren wanderte ich in den USA drei Monate lang auf dem Fernwanderweg Appalachian Trail mitten durch die urchige Wildnis der Appalachen. Mit dabei: ein 15 Kilogramm schwerer Rucksack mit Zelt, Schlafsack, Kocher, Wasserfilter und allem, was man sonst noch so braucht, wenn man mehrere Tagesmärsche vom nächsten Fleckchen Zivilisation entfernt ist. Knapp 1’000 Kilometer legte ich dabei zurück, und das war noch nicht einmal ein Drittel des ganzen Wegs, der sich durch 14 Bundesstaaten entlang der Ostküste von Georgia bis nach Maine schlängelt und insgesamt 3’500 Kilometer misst. Zum Vergleich: Die Schweiz misst an ihrer längsten Stelle gerade mal 350 Kilometer Luftlinie.

Unterwegs auf dem Appalachian Trail

Aus diesem Abenteuer habe ich eine grosse Portion Wanderlust, die Einsicht, dass weniger mehr ist, sowie eine vergrösserte Komfortzone hinsichtlich Widrigkeiten mitgenommen. Seither bin ich auch in der Schweiz immer wieder für mehrwöchige und mehrtätige Wandertouren mit dem eigenen Zelt aufgebrochen. Was mich dabei antreibt: Die Schönheit der Natur, die Einfachheit, das Zurückkehren zum Ursprünglichen, die Bewegung und die Herausforderung, sich dem Rhythmus der Natur anzupassen. Die Tatsache, dass man wirklich in und mit der Natur lebt und nicht jeden Abend in einer warmen Hütte mit Sanitäranlagen, Bett und Koch unterkommt, sondern auch bei Wind und Regen das Zelt aufstellt. Natürlich ist eine solche Fernwanderung nicht immer so schön und romantisch, wie man sich das anfangs vorstellt. Ab und zu wird man an physische und/oder mentale Grenzen stossen und einen Schritt aus der Komfortzone wagen müssen. Aber es sind genau solche Momente, die das Erlebnis zu einem Abenteuer machen und uns lange in Erinnerung bleiben werden.

Mit Sack und Pack auf dem Appalachian Trail

Für wen eignet sich das Fernwandern?

Absolut für jede und jeden! Man muss weder Profi noch Sportskanone sein. Wer nicht sportlich ist, fängt mit kleineren und einfacheren Etappen an. Dein Körper wird sich nach und nach an die neue Situation gewöhnen und die nötige Muskelmasse aufbauen. Übrigens hat Goethe mal gesagt: «Nur, wo du zu Fuss warst, bist du auch wirklich gewesen».

Fernwanderwege in der Schweiz

In der Schweiz gibt es mehrere Fernwanderwege. Sie sind zwar nicht vergleichbar mit einem Appalachian Trail, trotzdem zählen sie mehrere hundert Kilometer und bringen dich ordentlich ins Schwitzen!

Zu den bekanntesten Fernwanderwegen in der Schweiz zählen folgende, offizielle Nationalrouten:

Via AlpinaVaduz – Montreux, 390 km 20 Etappen
Trans Swiss TrailPorentruy – Mendrisio, 500 km, 32 Etappen
Alpenpanorama-WegRorschach – Genf, 510 km, 29 Etappen
Via JabobiRorschach – Genf, 645 km, 33 Etappen
Jura-HöhenwegDielsdorf – Nyon, 320 km 16 Etappen
Alpenpässe-WegChur – St. Gingolph, 610 km 34 Etappen
Via GottardoBasel – Chiasso, 320 km, 20 Etappen

Auch in der Schweiz kann man also problemlos mehrere Wochen oder gar Monate am Stück wandern. Ob man das Zelt mitnimmt oder lieber von Hütte zu Hütte oder Hotel wandert, soll jeder für sich selber entscheiden. Ich persönlich empfehle natürlich das Zelt. Damit ist man unabhängig, kann die Etappen nach Lust und Laune anpassen, hat ein Quäntchen mehr Abenteuerfeeling und spart sich die Übernachtungskosten.

Nach der Wanderung – Wildcampen am See

Wildcampen in der Schweiz

Wildcampen ist grundsätzlich für Einzelpersonen oder kleinere Gruppen gedacht, die sich rücksichtsvoll an die gegebene Landschaft anpassen und respektvoll mit der Natur umgehen. Beim Wildcampen geht es darum, ein Quartier für eine Nacht aufzuschlagen und am nächsten Tag weiterzuziehen. Man verlässt den Ort so, wie man ihn vorgefunden hat und nimmt sämtlichen Abfall mit.

Wildcampen ist in der Schweiz per se nicht verboten, jedoch werden die gesetzlichen Bestimmungen dazu auf Kantons- oder gar Gemeindeebene geregelt. Um herauszufinden, wo man sein Zelt aufschlagen darf und wo nicht, informiert man sich im Idealfall im Voraus bei der jeweiligen Gemeinde.

Es gibt ein paar Grundsätze, an denen man sich orientieren kann:

  1. In Naturschutzgebieten, im schweizerischen Nationalpark, in eidgenössischen Jagdbanngebieten und in Wildruhezonen (während der Schutzzeit) ist wildcampen tabu. Unter der Rubrik «Geokatalog» findet man auf der Website vom Bund eine informative Übersicht über diese Gebiete.
  2. Das Wildcampen / Biwakieren oberhalb der Baumgrenze ist grundsätzlich gestattet.
  3. Auf Privatgrundstücken ist das Campieren mit Erlaubnis des Grundstückbesitzers gestattet (z.B. Bauer).
Wildcampen in freier Natur

Tipps und Tricks fürs Fernwandern in der Schweiz

Gerade auf einer Fernwanderung, wo man täglich unterwegs ist, sollte die Ausrüstung so leicht wie möglich sein, da man jedes Gramm am Rücken spürt. Das fängt bereits beim Leergewicht des Rucksacks an. Denk daran, dass zum «Nettogewicht» auf der Wanderung noch 1-2 Liter Wasser und Proviant dazukommen. Beim Appalachian Trail wog mein Rucksack zu Beginn ohne Wasser und Essen 15 Kilogramm. Mit der Zeit konnte ich ihn auf 10 Kilogramm reduzieren.

Verdauungspause nach dem Mittagsessen

Folgende Grund-Packliste für Fernwandern in der Schweiz kann je nach Wanderziel, Jahreszeit sowie persönlichen Präferenzen individuell ergänzt und angepasst werden:

  • Rucksack inkl. Regenhülle
  • Zelt / Tarp / Hammock
  • Schlafsack
  • Schlafmatte 
  • Kocher plus Brennstoff (Sprit, Gas, etc.)
  • Kochtopf und Geschirr
  • Wanderschuhe
  • Crocs oder leichte Sandalen
  • Erste Hilfe Set inkl. Blasenpflaster, Schmerztabletten
  • Regenschutz
  • Hygieneartikel (Zahnbürste, Kamm, Seife, Toilettenpapier, etc.)
  • Duschtuch
  • Stirnlampe
  • Wanderstöcke (sehr zu empfehlen, auch für junge Leute!)
  • Tape (am besten etwas um den Wanderstock wickeln, zum Flicken, etc.)
  • Wasserflaschen (Fassungsvermögen mind. 2 Liter)
  • Wasserfilter (z.B. Micropur-Forte Tabletten)
  • Sonnencreme und Mückenspray, evtl. Sonnenbrille und Hut
  • Feuerzeug
  • Kartenmaterial (digital oder offline)
  • Schnur (zum Wäschetrocknen, etwas befestigen, reparieren, etc.)
  • Zipp-Tüten (für Kleider, Wertsachen, elektronische Geräte, etc.)
  • Ausweis, Geld, Kreditkarten, Notfallnummer der Krankenkasse und Versicherungen (am besten in eine Zipp-Tüte stecken, spart Gewicht)
  • Handy und Ladekabel
  • Reichhaltige Wander-Nahrung: Haferflocken, Reis- und Nudelgerichte, Instant-Nudelsuppe, Nüsse, Schokoriegel, etc.
  • diverse Kleider

Kleider für eine Fernwanderung zu packen, ist eine echte Herausforderung, besonders wenn man so etwas zum ersten Mal macht. Aus meiner Erfahrung reicht folgende Kleidung, ausgehend davon, dass man alle 7-10 Tage irgendwo waschen kann:

  • 3-4 Unterhosen
  • 2 Paar Wandersocken, 1 Paar normale Socken
  • 2 T-Shirts zum Wandern
  • 1 T-Shirt zum Schlafen/Freizeit
  • 1 Hose zum Wandern (am besten mit Zipp, so dass kurz/lang kombiniert ist)
  • 1 Hose zum Schlafen/Freizeit
  • für Frauen 1-2 Sport-BHs
  • 1 leichter Pullover
  • 1 warme Fleece-Jacke
  • Regenschutz mit Windstopper-Funktion
  • Kopftuch (Schweisstuch)
  • Leichte Handschuhe
  • Bikini / Badehose (nur im Sommer)
Habe ich da eventuell zu viele Kleider eingepackt?

Sicherheit auf dem Trail

Auch wenn Fernwandern nicht zum Extremsport gehört, gibt es doch ein paar wichtige Dinge, die du für deine Sicherheit beachten solltest:

  • Wenn ein Gewitter naht, dann suche dir einen sicheren Platz oder kehr irgendwo ein. Übernachte nicht in der Nähe von Gewässern.
  • Mach genug Trinkpausen, damit dein Körper nicht dehydriert.
  • Um Stürze zu vermeiden, achte bitte darauf, dass du trittsicher unterwegs bist. Wanderschuhe mit gutem Profil, die über die Knöchel reichen, erhöhen deine Trittsicherheit.
  • In den Bergen kann es auch im Sommer kalt werden. Vermeide Unterkühlung durch gute Vorausplanung.
  • Achte unbedingt auf die Signale deines Körpers. Wenn du eine Pause brauchst, dann mache eine Pause oder brich die Wanderung, wenn nötig, ab. Selbstüberschätzung ist ein riskantes Verhalten und kann verheerende Folgen haben (Überanstrengung, Herzstillstand, Schlaganfall, Stürze, etc.).
  • Halte Abstand vor Mutterkühen und Herde-Schutzhunden.

Weiterführende Informationen und Links

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